Das Ende der Stille – TuS-Fans feuern wieder an

DFKfinalKoblenz – In der vergangenen Saison war es meist totenstill in der „Festung Oberwerth“ – von Heimspielstimmung keine Spur. Warum die Fans des Regionalligisten TuS Koblenz auf eine akustische Unterstützung („Support“) ihrer Mannschaft verzichtet haben und warum das in dieser Spielzeit wieder anders werden soll, darüber sprachen wir mit Marcel Günther, dem Vorsitzenden des Dachverbands Koblenzer Fanklubs (DKF).

Herr Günther, warum gab es in der vergangenen Saison keinen Support im Oberwerth-Stadion?

Es hatte in der Anfangsphase der Saison rund 20 Stadionverbote für Ultras gegeben. Daraufhin sah sich die 80 bis 100 Fans starke Gruppierung „Inferno Koblenz“, in der die meisten Ultras organisiert sind, nicht mehr in der Lage, wie gewohnt die Unterstützung zu organisieren. Das konnten die übrigen Fans nicht auffangen, viele wollten es wohl auch nicht, weil sie sich mit den Ultras solidarisierten. Es gab diverse Versuche der anderen Fans, einen Support zu organisieren, aber wenn die treibende Kraft fehlt, verpuffen diese Versuche.

Wofür wurden die Stadionverbote verhängt?

Wir bekommen auch nicht alles mit, was in und um die Stadien passiert. Es handelte sich überwiegend um Vorkommnisse außerhalb der Stadien. Nach unseren Erkenntnissen war in den meisten Fällen eigentlich gar nichts passiert. Doch die verschärften Richtlinien des DFB sehen vor, Stadionverbote schon dann auszusprechen, wenn Verdachtsmomente gegen Fans bestehen und Ermittlungen eingeleitet werden, auch wenn die Verfahren später eingestellt werden. So war es auch in diesen Fällen; es konnten keine justiziablen Vergehen festgestellt werden, deshalb sind die Stadionverbote auch mehr oder weniger stillschweigend ausgelaufen.

Das heißt, die Ultras dürfen wieder ins Stadion. Werden sie denn auch die TuS wieder anfeuern?

Das haben sie schon gegen Offenbach getan, obwohl die Offenbacher Fans deutlich in der Überzahl und wohl auch mehr in Übung waren. Auch am Sonntag gegen Freiburg wird es wieder Unterstützung aus der Fankurve geben. Natürlich hängt das Engagement der Fans auch immer vom Spielverlauf ab. Aber eine Situation wie in der vergangenen Saison will keiner mehr.

Den Dachverband gibt es seit 2009. Sind dort tatsächlich alle Koblenzer Fanklubs zusammengeschlossen?

Zu Zweit- und Drittligazeiten gab es wohl auch Fanklubs, die sich uns nicht angeschlossen hatten. Derzeit eruieren wir, ob es noch Fanklubs außerhalb des DKF gibt, aber ich glaube, aktuell werden wir keine finden. Bei uns gibt es 14 Fanklubs, darunter große wie Inferno Koblenz, die TuS-Schängel oder die Lahntal Indians, aber auch kleine, die nicht mehr als ein Dutzend Mitglieder haben, dazu 24 Einzelmitglieder. Insgesamt vertritt der DKF 485 TuS-Fans.

Das waren aber auch schon mal mehr, oder?

In unseren besten Zeiten – oder besser: den besten Zeiten der TuS – hatten wir rund 850 Mitglieder. Die Zahl der Fanklubs hat sich allerdings kaum verändert, nur die Mitgliederzahl ist geschrumpft. Der sportliche Abstieg hat bei jedem Fanklub reingehauen.

Wie ist das Verhältnis der Fans zum Verein TuS Koblenz?

Aktuell ist das Verhältnis ausgezeichnet. Wir tun viel für den Verein, organisieren zum Beispiel den Verkauf der Fanartikel und die Busfahrten zu den Auswärtsspielen. Wir stellen sogar einen Vertreter im Aufsichtsrat.

Dennoch sind die Fans von TuS Koblenz in den anderen Regionalligastadien nicht immer nur willkommen, wie man angesichts großer Polizeiaufgebote wie zuletzt in Homburg immer wieder feststellen kann. Wie kommt das?

Das betrifft die Fans anderer Vereine auch, hauptsächlich geht es dabei um Traditionsvereine wie Waldhof Mannheim, Eintracht Trier oder Kickers Offenbach. Mag sein, dass uns aus Zweitligazeiten noch ein schlechter Ruf vorauseilt. Derzeit gibt es aber bei uns wenig Problemfälle. Ich behaupte auch, dass sich die wenigen Probleme weiter reduzieren lassen würden. Massive Polizeiaufgebote mit schwer bewaffneten Beamten beschwören manches herauf, was ansonsten nie passiert wäre. Hier in Koblenz stehen wir mit der Polizei im Dialog. Wir kennen die szenekundigen Beamten, und die kennen uns.

Aber es gibt doch auch unter den TuS-Fans nicht nur weiße Schafe?

Problemfälle gibt es immer, aber es ist eine relativ geringe Zahl. Ich habe auch schon erlebt, dass ein Teil der Polizeibeamten während des Spiels einfach nach Hause gegangen ist, weil sie gemerkt haben, dass es mit unseren Fans keinen Ärger gibt. Wir wollen uns als ruhige und entspannte Fanszene präsentieren.

Inwieweit können besonnene Fans auf die so genannten Problemfälle mäßigend einwirken?

Wir versuchen, auch solche Fans anzusprechen, aber das ist relativ aussichtslos. In konkreten Fällen, wenn sich im Stadion etwas anbahnt, gibt es Stimmen, die sagen: Hört doch auf mit dem Quatsch, aber konsequent eindämmen kann man solche Geschichten nicht.

Wie wird man Vorsitzender des Dachverbands Koblenzer Fanklubs?

Man muss total bekloppt sein. Natürlich liegt uns allen, die wir Vorstandsämter übernehmen, der Verein sehr am Herzen. Ein solches Amt ist sehr zeitintensiv, da geht so mancher Abend drauf für Vorstandssitzungen, Diskussionen, Treffen mit den Fans und natürlich die Auswärtsfahrten und Heimspiele. Wir sind ja alle auch berufstätig, manche im Schichtdienst.

Und der sportliche Lohn ist derzeit nicht sehr üppig?

Na ja, wir hoffen und glauben, dass es irgendwann wieder besser wird. Und zwar nicht erst in 20, sondern schon in zwei bis drei Jahren. Die wenigsten Fans erwarten in diesem Jahr den Aufstieg, aber wir haben andere Ansprüche als in der letzten Saison. Es soll einfach Spaß machen, zur TuS zu gehen.

Die Fans werden also ihren Teil zum Spaß wieder beitragen?

Ja, auf jeden Fall. Die support-willigen Zuschauer, und das sind nicht nur die Ultras, sind froh, dass wieder Stimmung im Stadion ist. Was letztes Jahr war, fand keiner gut, das hatte einen Hauch von Bezirksliga-Kick.

Das Interview führt Stefan Kieffer // Quelle