Interview mit dem 2. DKF-Vorsitzenden Andreas Stein

Hallo Andi,
am kommenden Mittwoch steht das Pokalspiel gegen Eintracht Trier an. Was erwartest Du Dir von diesem Spiel?

Beide Mannschaften sind die am klassenhöchsten spielenden Mannschaften im Fußballverband, sodass man schon von einem vorzeitigen Finale sprechen kann. Von dem Begriff darf man sich jedoch nicht blenden lassen, denn letztlich ist und bleibt es „nur“ das Viertelfinalspiel. Sportlich heißt das, dass die Mannschaft alles daran setzen muss dieses Spiel für sich zu entscheiden. Dabei ist es mir herzlich egal, ob die Mannschaft schön spielt und den Trierern spielerisch die Grenzen aufzeigt oder ob letztlich der Sieg nur über den Kampf führt! Wichtig ist: Die Mannschaft muss gewinnen! Alles andere zählt nicht!

Das letzte Spiel in Trier ist noch nicht lange her. Obwohl man einen Punkt aus Trier mitnehmen konnte, war das beherrschende Thema in den Tagen danach ein Anderes: Der wiederholte Einsatz von Pyrotechnik war Mittelpunkt der Debatte. Es gibt Fans, die ernsthaft überlegen ob sie zum Spiel fahren wollen weil sie sich nicht sicher fühlen.

Man muss da ein bisschen ausholen. Generell sind die TuS-Fans natürlich einfach dazu aufgerufen, zahlreich nach Trier zu fahren und unsere TuS lautstark zu unterstützen. Wer nicht in unmittelbarer Nähe der Pyrotechnik steht, muss generell keine Angst vor irgendwas haben. Wenn man sich nicht mit bestimmten Gruppen oder einzelnen Fans identifizieren kann, stellt man sich meist ja sowieso etwas abseits. Es gibt ja nun auch schlimmere Vereine wie die TuS, wenn es um das Zündeln geht. Demnach ist das schon zum Teil eine Scheindebatte. Wenn man die Emotionen mal außen vor lässt, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen dass da niemand im Leib und Leben fürchten muss. Jedes Jahr werden weltweit 40 Millionen Menschen im Straßenverkehr verletzt. Es käme ja auch niemand auf die Idee jetzt kein Auto mehr zu fahren. Ich weiß, der Vergleich ist etwas weit her geholt. Aber man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen.

Was die Pyrotechnik selber angeht, möchte ich mir an dieser Stelle einen hochtrabenden Hinweis auf die Statuten des DFB sowie auf die aktuelle Gesetzeslage eigentlich ersparen. Es muss letztlich jeder selber wissen, ob ihm die Pyro eine eventuelle Anzeige und ein hartes Durchgreifen der Polizei wert ist. Auch außerhalb des Stadions darf ja nicht jeder Bengalos oder Böller zünden wie er will. Nur wird es wohl niemanden jucken, wenn man das im eigenen Garten macht. Das ist in einem Fußballstadion natürlich bisschen was anderes…! Aber Pyro ist ja auch nach den DFB-Bestimmungen untersagt und kostet den Verein letztlich viel Geld, das er momentan einfach nicht hat. „Normale“ Pyro, über die man sicher diskutieren kann, ist das Eine. Das Andere ist aber der vollkommen unkontrollierbare Einsatz von Böllern oder Leuchtspur. So etwas hat in einem Fußballstadion nichts verloren! Selbiges gilt für auf das Spielfeld geworfene Bengalos.

Ich war bislang der Meinung, dass diese Art der Pyrotechnik in der Fanszene sowieso nicht besonders angesehen ist?! Klar, Bengalos bei einem Flutlichtspiel machen schon was her, ebenso gelber und blauer Rauch. Aber ein Böller oder ein auf das Spielfeld geworfener Bengalo macht ja nicht wirklich „Sinn“?!

Das ist auch so. Wer auf der einen Seite ernsthaft über die „Legalisierung“ von Pyrotechnik diskutieren möchte, kann nicht auf der anderen Seite die Gesundheit völlig Unbeteiligter auf’s Spiel setzen. Auch hier müssen wir keine hochtrabenden Warnhinweise aufzählen: Jedem mit einigermaßen gesunden Menschenverstand muss klar sein, dass hinter den Zaunfahnen geworfene Fackeln jederzeit einen Ordner treffen können. Dass Leuchtspur jederzeit vollkommen unkontrollierbar ist. Und dass Böller dauerhaften Schaden am Gehör anrichten können. Eigentlich muss man zu allen dieser Punkte kein Wort mehr verlieren. Es sollte sonnenklar sein, dass wir als Fanszene solchen Einsatz von Pyrotechnik in keinem Fall akzeptieren können. Das hat auch nichts mit „Gutmenschentum“ oder dergleichen zu tun! Was vorne im Block, vor den eigenen Leuten und in der eigenen Verantwortung geschieht: Bitte schön! Muss jeder selber wissen und in der Konsequenz auch am Ende für die (finanzielle) Strafe gerade stehen! Aber alles andere ist einfach nicht zu akzeptieren!

Es gab ja bereits Androhungen, dass das Spiel abgebrochen und für Trier gewertet werden könnte!

Wie wir aus der Zeitung erfahren haben
, will der Präsident des Fußballverbandes, Walter Desch, den Schiedsrichtern eine entsprechende Empfehlung mit auf den Weg geben. D. h. konkret, dass jeder Einsatz von Leuchtspur, Böllern oder Pyro außerhalb des Blockes zu einem Spielabbruch führen kann. Die Schiedsrichter werden entsprechend sensibilisiert das Spiel leiten und es ist davon auszugehen, dass die Polizei sich aufgrund eines Wiederholungsfalls nicht auf’s Zusehen beschränken wird. Im Übrigen finden wir als DKF die Aussage von Herrn Desch völlig daneben. Es entstand der Eindruck, dass jetzt nur die Koblenzer unter besonderer Beobachtung stehen würden und jede unnormale Regung im Koblenzer Block zum Spielabbruch führen würde. Hier war der Zeitungsbericht leider sehr einseitig und wenig aussagekräftig. Auch die angekündigte Einflussnahme auf die Schiedrichter erscheint uns nicht ganz unproblematisch. Könnte und vorallem sollte der Präsident des Fußballverbandes tatsächlich direkt Einfluss auf die Schiedsrichter nehmen? Es gibt klare Regeln und nach denen leitet der Schiedsrichter das Spiel. Dass Herr Desch nochmal Bedarf sieht den Schiedsrichtern die Regeln zu erläutern verwundert uns doch sehr.

Um das klarzustellen: Selbstverständlich gilt die „Androhung“ nicht nur für uns! Auch die Trierer werden diesen Warnhinweis erhalten haben. Aber: Das sind die ganz normalen Regeln des DFB, nichts Außergewöhnliches. Einfach in den Block der Trierer gehen, einen Bengalo zünden und schon ist die TuS im Halbfinale. So einfach ist es (leider) nicht.

Gibt es von Deiner Seite aus so etwas wie einen „Aufruf“ an die Fans?

Ja, den gibt es. Wir rufen an dieser Stelle ausdrücklich dazu auf, auf unkontrollierte und gefährliche Aktionen generell und am 25.04.2012 ganz speziell zu verzichten!  Wirkt auf Eure Mitglieder und auf alle TuS-Fans ein, dass es weder Böller noch Leuchtspur oder in den Innenraum geworfene Fackeln geben wird. Nicht nur, weil die Gesundheit anderer nachhaltig gefährdet wird, sondern auch weil ein Sieg im Rheinlandpokal finanziell für den Verein ein Segen wäre! Immerhin steht da eine sechsstellige Summe im Raum, die wir wirklich gut gebrauchen können. Es kann nicht im Interesse der Fans sein, dass der sowieso finanzielle knappe Verein evtl. sportlich weitergekommen wäre, aber das Spiel abgebrochen bzw. uns am grünen Tisch dann den Sieg aberkannt wird.

Aber es gibt wie immer zwei Seiten der Medaille. Begriffe wie Ausschreitungen, Chaoten, Gewalt o. ä. werden gerne genannt, wenn es um das Thema Pyrotechnik geht. Das Eine hat mit dem Anderen doch eigentlich nichts zu tun?

Richtig. Man muss zum Beispiel zur Kenntnis nehmen, dass die Bengalos ja nur deswegen weggeworfen werden, weil die Jungs wissen dass es verboten ist. Die Dinger abbrennen lassen und „gut ist“ geht ja gar nicht. Also weg damit. Selbiges gilt für die Vermummung mit den Sturmhauben. Natürlich sieht das sehr brachial aus, aber wenn man sich nicht vermummt wird man heutzutage ja schon per Zeitung öffentlich und mit Bild von der Polizei gesucht. Überall hängen Kameras, die jede Bewegung im Stadion nachvollziehbar machen. Pfefferspray ist das Mittel der Stunde, es scheint egal warum und gegen wen. Da wird einfach viel zu wenig differenziert und über einen Kamm geschert. Es gibt beispielsweise ja eine Faninitiative zum Thema Pyrotechnik, die bereits mit dem DFB an einem Tisch saß. Auch der DKF unterstützt diese Initiative, da sie tatsächlich Lösungsansätze erarbeitet hat und nicht stumpf „Es ist halt verboten“ als Parole ausgibt. Nur über den Dialog lassen sich die Probleme lösen. Der DFB hat ja auch bei dem Verbot von Gästefans schnell gemerkt, dass diese Bestrafung keinen Effekt hat, weil die Fans einfach trotzdem anreisen. Und prompt wurde dann auch erklärt, warum man diese Maßnahme zukünftig nicht mehr umsetzen will. Ich frage mich: Warum werden die Vereine weiterhin finanziell bestraft, wenn Pyrotechnik im Stadion gezündet wird? Auch hier hat die Strafe keinerlei Effekt. Im Gegenteil: Es wird gezündet wie selten zuvor. Trotzdem wird der DFB nicht müde, dann halt einfach eine Geldstrafe zu verhängen und zu hoffen, dass die Vereine den „Druck“ weitergeben. Gerade die finanziell schwachen Vereine leider hier immens.

Hier muss sich der DFB der Verantwortung seiner Mitglieder, den Vereinen, gegenüber stellen und sich nicht zu allen Seiten hin verschanzen. Wenn wir es hin bekommen, dass alle ganz unaufgeregt an das Thema herangehen und wirklich überlegen, wie man das Problem in den Griff bekommen kann, bräuchten weder Offizielle des Vereins mit einem Banner über das Spielfeld zu laufen noch müsste man wichtige Sponsorengelder für Strafen zurücklegen. Aber dafür muss jede Partei dann auch etwas Verständnis für die Position des Anderen aufbringen. Soweit scheinen wir noch nicht zu sein…!